Nochmals zur verjährungsbeendenden Wirkung der Strafverfügung - de lege lata und de lege ferenda
Es wurde schon sehr viel zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung geschrieben, nach welcher der Strafverfügung verjährungsbeendende Wirkung zukommen soll - was nicht überzeugt (zuletzt hier im Blog Garbarski/Brugger, Die verjährungsrechtliche Gleichstellung der Strafverfügung mit einem erstinstanzlichen Urteil im Verwaltungsstrafrecht: Abstraktes oder konkretes Konzept?, in : www.verwaltungsstrafrecht.ch vom 13. März 2025, hier abrufbar: https://shorturl.at/stlAY). Schon der Wortlaut des (über Art. 2 VStrR anwendbaren) Art. 97 Abs. 3 StGB lässt keine andere Deutung zu, heisst es dort doch: "Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen, so tritt die Verjährung nicht mehr ein." Es versteht sich von selbst, dass die von der Strafverfolgungsbehörde erlassene Strafverfügung kein derartiges erstinstanzliches Urteil ist.
Nun kommen weitere grammatikalische Argumente gegen die bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu, diesmal von ggf. ernstzunehmenderen Kreisen, nämlich dem Gesetzgeber selbst. Dieser will nämlich im Rahmen der Totalrevision des Verwaltungsstrafrechts einen Art. 11 Abs. 4 VE-VStrR einführen. Dieser lautet: "Die Verjährung tritt nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist eine Straf- oder Einziehungsverfügung oder ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist." Der Gesetzgeber stellt mit dieser Formulierung klar, was eigentlich schon lange klar ist, nämlich dass die Strafverfügung kein erstintanzlliches Urteil ist und diesem auch nicht gleichsteht.
Genau dies wird in der Botschaft zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit sowie zur Totalrevision des Zollgesetzes zum neuen Zollabgabengesetz vom 24. August 2022 (hier abrufbar: https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/72781.pdf) vom Gesetzgeber auch ausdrücklich (wenn auch unter Verwendung der falschen Begrifflichkeiten, nämlich Strafbescheid anstatt Strafverfügung, was aufgrund des eindeutigen Wortlauts von Art. 105 Abs. 2 MWSTG ein offensichtliches Versehen darstellt) so erklärt (S. 301): "Gemäss Artikel 105 Absatz 2 wird der rechtskräftige Strafbescheid einem erstinstanzlichen Urteil gleichgestellt. Durch die gesetzliche Verankerung dieses Grundsatzes wird mehr Klarheit geschaffen. Gleichzeitig wird festgehalten, dass der Strafbescheid an sich kein erstinstanzliches Urteil darstellt." Deutlicher kann man es eigentlich nicht mehr sagen und es fragt sich, wie man diese Wortlautschranke ohne Änderung des geltenden Rechts überwinden will.
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