Zur Verfolgungsverjährung im Mehrwertsteuerstrafrecht (Art. 105 MWSTG)
Das Bundesgericht befasst sich in seinem Entscheid 6B_1360/2022, 6B_1362/2022, 6B_1378/2022 vom 22.Juli 2024 mit einem Vorwurf der Mehrwertsteuerhinterziehung und dabei - neben anderen wichtigen Fragen - insbesondere auch mit dem Beginn der sog. Durchführungsverjährung (hier abrufbar: https://shorturl.at/nb6ya).
Dem Mehrwertsteuerstrafrecht liegt ein anderes (und im Jahre 2010 sehr kurzfristig eingeführtes) Verjährungsmodell zugrunde als dem ordentlichen Strafrecht und dem übrigen Verwaltungsstrafrecht. Es unterscheidet zwischen der sog. Einleitungsverjährung und der Durchführungsverjährung, welche sieben und fünf Jahre (zusammen also 12 Jahre, was länger ist, als die Verjährung bei Vergehen) dauern. Die dem Bundesgericht unterbreitete Frage war, wann die Durchführungsverjährung beginnt.
Clavadetscher und Bossart Meier stellen hierfür auf eine rein materielle Verfahrenseröffnung ab und sehen den fristauslösenden Beginn der Durchführungsverjährung in der ersten behördlichen Untersuchungshandlung (Clavadetscher/Bossart Meier, in: Geiger/Schluckebier (Hrsg.),
MWSTG Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2019, Art. 105 N 21). Teilweise anders sieht das nun das Bundesgericht. Nach diesem beginnt die fünf Jahre dauernde Durchführungsverjährung entweder mit der formellen Verfahrenseröffnung nach Art. 104 Abs. 4 MWSTG oder - im Sinne einer materiellen Verfahrenseröffnung - analog Art. 309 Abs. 1 lit. b StPO mit der Anordnung von Zwangsmassnahmen (nicht aber sonstigen Untersuchungshandlungen).
Dies überzeugt in mehrerlei Hinsicht nicht, was sich bereits an der selektiven Anwendung von Art. 309 Abs. 1 lit. b StPO zeigt. Erst recht gilt dies, wenn die Zollfahndung mit Untersuchungshandlungen betraut ist. Vgl. zu alldem ausführlich Frank/Markwalder, Zur Verfolgungsverjährung im Mehrwertsteuerstrafrecht, in der kommenden fp 4/2025, S. 294 ff.
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