Endlich: Verzicht auf Strafverfolgung
Die völlig ausschweifende Fahrlässigkeitshaftung ist eines der (vielen) Kernprobleme des Verwaltungsstrafrechts. Denn nahezu alle Straftatbestände des Verwaltungsstrafrechts sind auch fahrlässig begehbar (um nur einige zu nennen: Art. 96 Abs 1 und 3 MWSTG, Art. 98 MWSTG, Art. 118 Abs. 1 ZG, Art. 119 Abs. 1 ZG, Art. 120 Abs. 1 ZG, Art. 44 Abs. 2 FINMAG, Art. 45 Abs. 2 FINMAG, Art. 46 Abs. 2 FINMAG, Art. 47 Abs. 2 FINMAG, Art. 37 Abs. 2 GwG, Art. 86 Abs. 4 HMG, Art. 87 Abs. 3 HMG, Art. 70 Abs. 2 EnG, Art. 45 Abs. 4 RLG, Art. 35 Abs. 1 TStG, Art. 36 Abs. 1 TStG). Dies ist vor allem deswegen problematisch, weil die mit einer Verurteilung einhergehenden berufsrechtlichen Folgen (Verlust Gewährsposition etc.) im Verwaltungsstrafrecht oftmals gravierender sind als im Kernstrafrecht. Vor diesem Hintergrund ist ein (an Art. 52 StGB angelehnter aber weit darüber hinausgehender) Verzicht auf Strafverfolgung wichtig, zumal dieser auch ganz andere Vorteile bringt: Fokus auf die wirklich wichtigen Fälle, mehr freie Ressourcen und damit bessere Durchsetzbarkeit des Beschleunigungsgebots.
Und endlich zeigt der Gesetzgeber Einsicht (nachdem die letzten Jahre immer restriktiver wurden):
Dies einerseites im Bereich der Meldepflichtverletzungen: So ist in der Botschaft zum Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen v. 22.05.2024 (hier abrufbar:https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/87770.pdf) auf S. 189 eine Neufassung von Art. 37 Abs. 2 GwG vorgesehen: Die Strafverfolgungsbehörde, d.h. der Rechtsdienst des EFD oder das Bundesstrafgericht, muss künftig in leichten Fällen der Meldepflichtverletzung auf die Strafverfolgung und die Bestrafung verzichten. Zudem expliziter Hinweis auf Anwendung von Art. 49 FINMAG.
Andererseits im Zoll- resp. Mehrwertsteuerstrafrecht: Hier sieht die Botschaft zum Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil der Abgabenerhebung und die Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren- und Personenverkehrs durch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit sowie zur Totalrevision des Zollgesetzes zum neuen Zollabgabengesetz v. 24.08.2022 (hier abrufbar: https://www.fedlex.admin.ch/eli/fga/2022/2724/de) auf S. 231 ff. einen Art. 196 E-BAZG-VG vor, der die Zolldeklarantenstrafpraxis endlich wieder entschärft (vgl. zur früheren Situation Brand, ForumZ 2009, 11).
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