Revision der Verordnung über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen (VPS)
In seiner Sitzung vom 11. November 2020 beschloss der Bundesrat eine Revision der Verordnung zum Bundesgesetz über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen (BPS). Die Änderungen wurden am 8. Dezember 2020 in der Amtlichen Sammlung publiziert und treten per 1. Januar 2021 in Kraft.
Das als "Söldnergesetz" bekannt gewordene Regelwerk reguliert seit 1. September 2015 die Tätigkeiten von privaten Sicherheitsunternehmen im Ausland. Private Sicherheitsdienstleistungen und damit zusammenhängende Dienstleistungen sind einer vorgängigen Meldepflicht gegenüber dem Eidgenössischen Department für auswärtige Angelegenheiten (EDA) unterstellt und können unter bestimmten Voraussetzungen behördlich verboten werden. Bereits ein fahrlässiger Verstoss gegen die Meldepflicht ist als Vergehen strafbar und führt zu einem Strafregistereintrag für die verantwortlichen Personen. Der Begriff der privaten Sicherheitsdienstleistung ist breit und erfasst etwa bestimmte Personenschutz- und Bewachungsaufgaben, Ordnungsdienste, Kontroll-, Durchsuchungs- und Beschlagnahmetätigkeiten, Gefängnisaufgaben, nachrichten- oder geheimdienstliche Tätigkeiten, den Betrieb und die Wartung von Waffensystemen, aber auch die Beratung und Ausbildung von Streit- und Sicherheitskräften sowie deren operationelle und logistische Unterstützung.
Insbesondere die Erfassung der letzteren Tätigkeiten hat für Schweizer Unternehmen zu Rechtsunsicherheiten geführt und den potentiellen Anwendungsbereich des BPS weit über die eigentlichen Sicherheits- bzw. Söldnerunternehmen hinaus ausgedehnt, wie der Fall der Pilatus Flugzeugwerke AG exemplarisch zeigt: Das EDA verbot dem Flugzeugbauer u.a. den technischen Support, das Ersatzteilmanagement und die Problembehebung betreffend Schulungsflugzeuge und Simulatoren, welche zuvor mit güterkontrollrechtlicher Bewilligung des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) den Streitkräften von Saudiarabien und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geliefert worden waren. Zudem erstattete das EDA bei der Bundesanwaltschaft gegen Pilatus Strafanzeige wegen des Verdachts auf Verstoss gegen die Meldepflicht. Das Verfahren wurde zwischenzeitlich von der Bundesanwaltschaft eingestellt. Die von Pilatus gegen das Verbot des EDA erhobene Beschwerde ist aktuell vor dem Bundesverwaltungsgericht hängig.
Der Fall Pilatus illustriert zwei massgebliche Problemfelder bei der Anwendung des BPS: Einerseits ist für Schweizer Unternehmen zu wenig klar, welche Tätigkeiten überhaupt als operationelle und logistische Unterstützung, Beratung und Ausbildung von Streit- und Sicherheitskräften sowie Betrieb und Wartung von Waffensystemen gelten und damit der strafbewehrten Meldepflicht unterstehen. Andererseits besteht die Gefahr von Inkohärenzen aufgrund der unterschiedlichen Behördenzuständigkeiten: Es macht wenig Sinn, den Verkauf von Gütern aus der Schweiz güterkontroll- oder kriegsmaterialrechtlich durch das SECO zu bewilligen und gleichzeitig deren Wartung oder die Ausbildung des ausländischen Personals an diesen Gütern durch das EDA zu verbieten. Daraus würde ein massgeblicher Wettbewerbsnachteil für Schweizer Unternehmen resultieren.
Nach parlamentarischen Interventionen zu diesen Themen handelte der Bundesrat und passte seine Verordnung über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen (VPS) an. Die relevanten Begriffe der operationellen und logistischen Unterstützung, der Beratung und Ausbildung von Streit- und Sicherheitskräften sowie des Betriebs und der Wartung von Waffensystemen sollen präziser definiert werden. Zudem sollen Sicherheitsdienstleistungen von der Meldepflicht ausgenommen werden, wenn diese in engem Zusammenhang mit einer kriegsmaterial- oder güterkontrollrechtlich bewilligten Ausfuhr stehen, womit die Kohärenz in diesem Bereich verbessert werden soll. Ferner wurde ein Konsultationsmechanismus eingeführt, wonach das EDA über ein mögliches Verbot gemeldeter Sicherheitsdienstleistungen im Einvernehmen mit dem SECO und dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nach Anhörung des Nachrichtendienstes des Bundes entscheidet. Kommt keine Einigung zustande oder ist die Tätigkeit von erheblicher aussen- oder sicherheitspolitischer Tragweite, entscheidet der Bundesrat.
Die Verordnungsrevision des Bundesrates ist grundsätzlich zu begrüssen, insbesondere was die verbesserte Kohärenz zwischen BPS und der Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetzgebung anbelangt. Ob allerdings mit der Revision die namentlich auch von der Wirtschaft zu Recht geforderte Rechtssicherheit für Schweizer Unternehmen verbessert wurde, erscheint fraglich. Gemäss der revidierten Verordnung gelten als meldepflichtige operationelle Unterstützung von Streit- und Sicherheitskräften Tätigkeiten, die ein Unternehmen im Zusammenhang mit deren Kernaufgaben im Rahmen von laufenden oder geplanten Einsätzen erbringt. Als logistische Unterstützung von Streit- und Sicherheitskräften gelten Tätigkeiten in engem Zusammenhang mit deren Kernaufgaben, insbesondere die Wartung, die Reparatur oder die Aufwertung von Kriegsmaterial nach Kriegsmaterialgesetz (KMG) oder von Gütern nach Güterkontrollgesetz (GKG), die Umwandlung von Gütern in Kriegsmaterial nach KMG oder in Güter nach GKG, der Aufbau, der Betrieb oder die Instandhaltung von Infrastruktur, das Versorgungsmanagement, der Transport, die Lagerung oder der Umschlag von Kriegsmaterial nach KMG oder von besonderen militärischen Gütern nach GKG sowie der Transport von Angehörigen von Streit- oder Sicherheitskräften. Als Beratung und Ausbildung wird die technische, taktische oder strategische Betreuung von Angehörigen von Streit- und Sicherheitskräften im engen Zusammenhang mit deren Kernaufgaben verstanden. Der Betrieb und die Wartung von Waffensystemen wird auf Kriegsmaterial nach KMG bezogen.
Diese Definitionen in der revidierten Verordnung lassen zahlreiche Fragen offen: In der Praxis für Unklarheiten gesorgt hat v.a. der Begriff der logistischen Unterstützung. Viel an Kontur gewonnen hat er durch die bundesrätliche Revision aber nicht. Zum einen ist die Aufzählung der als logistische Unterstützung geltenden Tätigkeiten lediglich beispielhaft und nicht abschliessend. Zum anderen ist stark auslegungsbedürftig, was als "enger Zusammenhang" mit den Kernaufgaben von Streit- und Sicherheitskräften zu verstehen ist. Sind etwa Wartungsarbeiten an Werkzeugen oder Schwimm- und Baukränen, die von ausländischen Genie- oder Pionierkorps eingesetzt werden, als logistische Unterstützung zu werten, auch wenn sie nicht als Kriegsmaterial oder Dual-Use Güter gelten? Was gilt für die Wartung von Stromgeneratoren, die in militärischen Anlagen oder Feldküchen für Armeeangehörige verwendet werden, und was für den Betrieb einer Militärkantine? Eine weitere Frage ist auch, wie blosse Kommissionierungs- oder Gewährleistungsarbeiten an gelieferten Gütern einzuordnen sind, die weder einer güterkontroll- noch kriegsmaterialrechtlichen Bewilligung bedurften, aber von ausländischen Streit- oder Sicherheitskräften eingesetzt werden.
Nach Ansicht des Verfassers muss der Begriff der Kernaufgaben von Streit- und Sicherheitskräften eng verstanden werden. Es muss um Aufgaben im kombattanten Bereich bzw. im Zusammenhang mit dem Einsatz von Waffen und Gewalt, der Durchsuchung und Verhaftung oder dem Festhalten von Personen gehen. Es genügt nicht jede Aufgabe, die typischerweise auch von Militär und Polizei erbracht wird. Insofern würden die vorstehend als Beispiel erwähnten Wartungsarbeiten und der Kantinenbetrieb nicht vom BPS erfasst. Sodann muss unterschieden werden zwischen eigentlichen Sicherheitsdienstleistungen und Arbeiten, die im direkten Zusammenhang mit der Lieferung und dem Verkauf von Gütern stehen. Der Kundendienst oder sog. Kommissionierungs- und Gewährleistungsarbeiten unterstehen der Meldepflicht des BPS nach Meinung des Verfassers nicht. Vielmehr sind solche Arbeiten allein nach Massgabe des Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetzes zu beurteilen: Ist der Verkauf bzw. die Lieferung bewilligungsfrei, kann nicht über das BPS eine Meldepflicht eingeführt werden. Ansonsten lebte die bisherige Inkohärenz der gesetzlichen Regelungen wieder auf.
Die an der Verordnungsrevision beteiligten Departemente prüfen aktuell, ob eine Revision des Bundesgesetzes über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen selbst erforderlich ist. Nach Ansicht des Verfassers wäre eine solche weitergehende Revision zu begrüssen. Das "Söldnergesetz" sollte auf eigentliche Kriegs- bzw. Söldnerdienste beschränkt werden und nicht Schweizer Industrie- und Handelsunternehmen über das Kriegsmaterial- und Güterkontrollgesetz hinaus erfassen. Zwischenzeitlich ist zu hoffen, dass das EDA in einer revidierten Wegleitung zum BPS die bundesrätliche Verordnung weiter präzisiert und damit für eine möglichst hohe Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen sorgt.
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