Totalrevision des VStrR - weitere Stellungnahmen und erste Rückschlüsse
Im Rahmen der Vernehmlassung zur Totalrevision des VStrR äussern auch Kantone einzelne Bedenken. Diese richten sich u.a. gegen eine Einbindung der Kantone in das Verwaltungsstrafverfahren, insbesondere über die Einbeziehung der kantonalen Zwangsmassnahmengerichte - diese Bedenken sind richtig und zeigen ein Grundproblem des Verwaltungsstrafrechts:
Zunächst zu einzelnen kantonalen Stellungnahmen:
Die Stellungnahme des Regierungsrates des Kantons Zürich (mit Vorbehalten zustimmend) ist hier abrufbar:
Die Stellungnahme des Regierungsrates des Kantons Bern (mit Vorbehalten zustimmend) ist hier abrufbar:
Die Stellungnahme des Regierungsrates des Kantons Nidwalden (mit Vorbehalten zustimmend) ist hier abrufbar:
https://www.nw.ch/_docn/378586/Stellungnahme_Totalrevision_des_Verwaltungsstrafrechts_visie.pdf
Insgesamt fällt auf, dass sich die Vorbehalte der Kantone gegen eine kantonale Einbeziehung in das Verwaltungsstrafverfahren richten, insbesondere gegen einen Einbezug kantonaler Zwangsmassnahmengerichte im Bereich der Entsiegelungsverfahren. Ein solcher wird durchgehend und letztlich wohl aus monetären Gründen abgelehnt. Diese Ablehnungshandlung ist im Ergebnis absolut zutreffend. Allerdings sollte sie nicht (nur) wirtschaftlichen Überlegungen geschuldet sein, sondern insbesondere rechtlichen Erwägungen. Sie betrifft denn auch nicht nur den Einsatz von Zwangsmassnahmengerichten, sondern auch die kantonale Gerichtsbarkeit. Denn es handelt sich um ein Grundsatzproblem des Verwaltungsstrafrechts: Im Endeffekt entscheiden nämlich kantonale Strafgerichte (Ausnahme: finanzmarkstrafrechtliche Verfahren sind beim Bundesstrafgericht) über verwaltungsstrafrechtliche Sachverhalte. Die dabei involvierten Richter haben regelmässig aber eben gerade nicht die den Bundesverwaltungsbehörden innewohnenden Fachkenntnisse um die angeklagten Vorwürfe richtig beurteilen zu können. Dieses Grundproblem lässt sich nur durch eine komplette Neuschaffung des Verwaltungsstrafrechts lösen – es wird aber durch das totalrevidierte VStrR sogar deutlich verschärft. Denn mit dem Einsatz von kantonalen Zwangsmassnahmengerichten kommt einem neuen «Player» Verantwortung zu, welcher sowohl mit Fragen des Verwaltungsstrafverfahrensrechts als auch, noch gravierender, dem materiellen Verwaltungsstrafrecht und dem dahinterstehenden (materiellen) Verwaltungsrecht vollkommen überfordert sein dürfte (zumal dort bekanntlich noch weniger Zeit für Abklärungen bleibt). Wie aber soll das Zwangsmassnahmengericht ohne jede Fachkenntnis des materiellen Verwaltungsrechts (also Fragen des materiellen Finanzmarkt-, MWST-, Zoll-, Heilmittel- oder Geldspielrechts) das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts beurteilen können. Es versteht sich beinahe von selbst, zu wessen Nachteil sich dies auswirken wird (nämlich zu jenem der beschuldigten Person), zumal das Zwangsmassnahmengericht der antragsstellenden Bundesverwaltungsbehörde qua Fachkenntnis die Richtigkeit ihrer Ausführungen annehmen wird. Um dies zu verhindern, sollte die Verantwortung für Zwangsmassnahmen unbedingt beim Bundesstrafgericht bleiben - es dürfte viele Jahre dauern, bis die kantonalen Zwangsmassnahmengerichte das beim Bundesstrafgericht bereits vorhandene Spezialwissen (als Beschwerdeinstanz, vgl. Art. 26 Abs. 1 und 27 Abs. 3 VStrR) erreichen. Mehr noch: Es sollte überdacht werden, diesem die erstinstanzliche Verantwortung für sämtliche Verwaltungsstrafverfahren zu übertragen (dies unter Schaffung einer neuen Kammer mit hochspezialisierten Richtern welche Kenntnisse im Mehrwertsteuerrecht, dem Geldspielrecht, dem Heilmittelrecht etc., haben).
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