Verjährung (Art. 2 VStrR iVm Art. 97 Abs. 3 StGB; KEINE Praxisänderung)
Mit Entscheid 6B_207/2017 vom 11. September 2017 befasst sich das Bundesgericht mit der Frage, ob der Erlass einer Strafverfügung im Verwaltungsstrafverfahren die Verjährung verhindert oder ob diese Wirkung alleine dem erstinstanzlichen Urteil zukommt. Das Bundesgericht bejaht Ersteres, wonach die vorgeworfene Tat nach Erlass der Strafverfügung nicht mehr verjähren kann.
Die Begründung hierzu (abrufbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://11-09-2017-6B_207-2017&lang=de&zoom=&type=show_document ) fällt - wohl folgerichtig - relativ kurz aus. Das Gericht verweist zunächst auf BGE 133 IV 112, in welchem der Strafverfügung die vorgenannte Wirkung zugesprochen wurde, da diese sinngemäss mehr sei als ein blosser Strafbefehl/Strafbescheid (welcher lediglich als Urteilsvorschlag anzusehen ist). Die seitdem ergangene Rechtsprechung (genauer: die Entscheide BGE 139 IV 62, BGE 142 IV 11 und BGE 142 IV 276) habe an dieser "differenzierten Betrachtungsweise" (Strafbefehl/Strafbescheid einerseits, Strafverfügung andererseits) nichts geändert, eine Praxisänderung müsse sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, welche vorliegend nicht gegeben seien. Ausserdem belege der Verweis von BGE 142 IV 276 auf BGE 139 IV 62, dass keine Praxisänderung angedacht gewesen sei, da man diese eben nicht weiter problematisiert habe - dies liest sich wie folgt: "BGE 142 IV 276 E. 5.2 stellte indessen ohne weitere Problematisierung der Rechtsprechung wiederum auf die bisherige Praxis nach BGE 133 IV 112 ab. Das Bundesgericht sah sich mithin nicht veranlasst, eine Praxisänderung tatsächlich ins Auge zu fassen." Der Präsident im hier besprochenen Entscheid ist im Übrigen derselbe wie in 142 IV 276. Präsident in 139 IV 62 war dagegen ein anderer (ehemaliger) Bundesrichter.
Es fragt sich natürlich schon, welchen Sinn ein solcher Hinweis - eigentlich mehr als das, nämlich bereits ein obiter dictum - im Entscheid 139 IV 62 (E. 1.4.6) hat, wenn nicht ernsthaft eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung angedacht ist: "Welche Konsequenzen sich daraus für die Fälle ergeben, in denen das Einspracheverfahren nicht übersprungen, sondern nach dem Erlass des Strafbescheids eine Strafverfügung ausgefällt wird, ist hier nicht zu entscheiden. Es ist nicht zu prüfen, ob folgerichtig auch in diesen Fällen die Verjährung erst mit der Ausfällung des erstinstanzlichen Urteils im gerichtlichen Verfahren zu laufen aufhört und die Rechtsprechung in diesem Sinne zu ändern wäre." (Hervorhebung durch FF). Vor diesem Hintergrund und der nun gewählten Argumentation (singemäss: Wir haben im 142ten-Band nichts zur angedachten Praxisänderung im 139ten-Band gesagt, weswegen die Rechtsprechung des 133ten-Bandes gilt) erscheint es im Übrigen fraglich, ob die Gerichtskosten wirklich dem Beschwerdeführer hätten auferlegt werden müssen.
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