Art. 71 VStrR (Begehren um gerichtliche Beurteilung)
Am 6. Juni des letzten Jahres erliess das Bundesstrafgericht einen Entscheid (BV.2018.6, abrufbar unter:https://entscheide.weblaw.ch/cache.php?link=06.06.2018_BV.2018.6), welcher in diesem Blog bisher nicht besprochen wurde, der aber praktisch von grosser Bedeutung ist. Stark verkürzt dargestellt, erhob der in einem vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) geführten Verfahren Beschuldigte nach Erlass des Strafbescheids Einsprache und beantragte gestützt auf Art. 71 VStrR, diese als Begehren um Beurteilung durch das Strafgericht zu behandeln. Diesem folgte das EFD nicht, sondern erliess ohne Begründung eine mit zusätzlichen Kosten verbundene Strafverfügung. Hiergegen wendete sich der Beschuldigte mit einer Beschwerde an das Bundesstrafgericht, welches auf diese aber nicht eintrat. Dies wurde damit begründet, dass gegen einen Entscheid i.S.v. Art. 70 VStrR nur die Möglichkeit eines Begehrens um gerichtliche Beurteilung nach Art. 72 VStrR offenstehe, nicht aber die Beschwerde nach Art. 27 VStrR.
Mit diesem Entscheid sowie der Bedeutung von Art. 71 VStrR haben sich Nora Markwalder und ich in einem Aufsatz in der forumpoenale 6/2018, S. 541 ff. (Verwaltungsstrafrecht: Besprechung des Entscheids des Bundesstrafgerichts BV.2018.6) vertieft auseinandergesetzt. Der Tenor dieser Auseinandersetzung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Ob sie auf den Antrag nach Art. 71 VStrR eintritt, steht im Ermessen der Bundesverwaltungsbehörde. Dieses Ermessen muss aber zwingend ausgeübt werden.
- Da es eigentlich keine Argumente für einen Umweg über die Strafverfügung gibt (bis auf eine sehr zeitnah bevorstehende Verjährung der Vorwürfe, was aber wiederum voraussetzt, dass man die verjährungsunterbrechende Wirkung der Strafverfügung anerkennt, welche rechtlich indes nicht überzeugt), muss dieses Ermessen regelmässig zugunsten des Antragstellers ausfallen.
- Die Strafverfügung dient der Bundesverwaltung eigentlich ausschliesslich aus zwei Gründen: Unterbrechung der Verjährung und/oder Nachbesserung der Begründung der im Strafbescheid erhobenen Vorwürfe (was den Rahmen jeder Anklage regelmässig sprengt). Ob das im Sinne des Beschuldigten ist, muss dieser für sich beantworten.
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