Ausstand (Art. 29 Abs. 1 VStrR) und Wiederherstellung einer Frist
Ist der Beamte, der sowohl die Strafverfügung erlassen als auch das Gesuch um Wiederherstellung der Frist an das Gericht weitergeleitet hat, befangen? Diese Frage musste das Bundesstrafgericht in BV.2016.33-35 vom 15. Februar 2017 klären. Die Situation im vorliegenden Fall war allerdings etwas komplizierter. Die beschuldigten Ehegatten B. und C. verpassten es aufgrund eines Fehlers innerhalb der Kanzlei ihres Rechtsvertreters, innert der 10-tägigen Frist nach Erhalt der Strafverfügung der Swissmedic eine Beurteilung durch das Strafgericht zu verlangen (Art. 72 Abs. 1 VstrR), weshalb sie ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist einreichten. Derselbe Beamte der Swissmedic, welcher bereits die Strafverfügung erlassen hatte, leitete das Gesuch zusammen mit seiner Begründung, warum die Frist nicht wiederhergestellt werden sollte, an den Tribunal d’arrondissement de l’Est vaudois weiter. Das Gericht erachtete sich allerdings als nicht zuständig und wies die Sache an Swissmedic zurück. Einem Ausstandsgesuch der Beschuldigten gegen den verfahrensführenden Beamten wurde nicht stattgegeben, weshalb diese vorliegende Beschwerde an das Bundesstrafgericht einreichten. Das Bundesstrafgericht gab den Beschuldigten allerdings Recht und begründete seinen Entscheid damit, dass es sich vorliegend nicht um eine Situation handle, in der eine Rechtsmittelinstanz einen Entscheid aufgehoben und an die untere Instanz zurückgewiesen habe, sondern dass Swissmedic zum ersten Mal über die Frage der Wiederherstellung der Frist zu befinden habe. Dabei liessen die Ausführungen des Swissmedic-Beamten im Rahmen der Weiterleitung des Gesuchs um Wiederherstellung der Frist keinen Zweifel erkennen, wie er sich in einem solchen Fall entschieden hätte, weshalb von einer Befangenheit des Beamten i.S.v. Art. 29 Abs. 1 lit. c VstrR ausgegangen werden müsse.
Zwischenzeitlich wies der Leiter der strafrechtlichen Abteilung der Swissmedic das Gesuch der Beschuldigten um Wiederherstellung der Frist mit dem Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit an das Bundesstrafgericht gemäss Art. 26 Abs. 1 VstrR ab, weshalb sich die Ehegatten wiederum an das Bundesstrafgericht wandten (BV.2016.30-32). Dieses trat jedoch auf die Beschwerde nicht ein, da es sich vorliegend nicht um eine Beschwerde gegen Zwangsmassnahmen handelte, sondern ein anderer Fall gemäss Art. 27 Abs. 1 VstrR vorlag und damit die Beschwerde beim Direktor oder Chef der beteiligten Verwaltung hätte eingreicht werden müssen. Erst gegen den Beschwerdeentscheid des Direktors der Swissmedic, kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden (Art. 27 Abs. 3 VstrR).
Fazit: Auch nach einer zweifachen Extrarunde über das Bundesstrafgericht ist die Frage, ob die Fristen nun wiederhergestellt werden sollen, noch nicht rechtskräftig geklärt. Der Ball liegt nun wieder bei Swissmedic. Allerdings ist zu vermuten, dass auch der Direktor der Swissmedic nicht anders als der in den Ausstand getretene Beamte oder der Leiter der strafrechtlichen Abteilung entscheiden und das Gesuch um Wiederherstellung der Frist daher ablehnen wird, weshalb der Fall wohl zum dritten Mal vor Bundesstrafgericht landen dürfte.
Und die Moral der Geschichte? Will man sich Ärger ersparen, sollte man Fristen besser nicht verpassen.
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