Begründungsumfang der Beschwerde gegen Entschädigungsentscheide (Art. 100 Abs. 4 VStrR)
Es kommt gelegentlich vor, dass man beim Studium von Gerichtsentscheiden auf interessante Fragen stösst, welche mit dem eigentlichen Entscheid eigentlich nur am Rande zu tun haben. Der Beschluss des Bundesstrafgerichts vom 7. August 2018 (BV.2018.21; abrufbar unter: https://bstger.weblaw.ch/pdf/20180807_BV_2018_21.pdf) wirft eine solche Frage in einem Nebensatz auf. Diese soll hier rein vorsorglich bereits beantwortet werden.
Das Gericht musste sich mit einer Beschwerde gegen einen Entschädigungsentscheid auseinandersetzen, welche zwar Anträge enthielt, allerdings nicht begründet war. Da Art. 100 Abs. 4 VStrR i.V.m. Art. 28 Abs. 3 VStrR aber eine zumindest kurze Begründung erfordern soll, trat das Bundesstrafgericht auf die Beschwerde erst gar nicht ein, zumal eine Nachfristsetzung zur Verbesserung aus Sicht des Gerichts nicht angezeigt war. In diesem Zusammenhang führte das Gericht aus, dass
"die Beschwerdeschrift vom 30. Juli 2018 daher bereits den Mindestanforderungen von Art. 28 Abs. 3 VStrR klar nicht genügt; damit offen gelassen werden kann, ob an die Begründung der Beschwerde i.S.v. Art. 100 Abs. 4 VStrR angesichts der im Vergleich zu Art. 28 Abs. 3 VStrR viel längeren Rechtsmittelfrist höhere Anforderungen zu stellen wären"
Die vom Gericht hier offen gelassene Frage der Korrelation zwischen Begründungsumfang und Dauer der Rechtsmittelfrist ist mit einem klaren "Nein" zu beantworten. Die 3-Tages-Frist zur Einreichung der Beschwerde dient unzweifelhaft der Verfahrensbeschleunigung, welcher im Verwaltungsstrafverfahren eine besondere Bedeutung zukommen soll (Vgl. etwa die Botschaft zum VStrR v. 21.4.1971, BBl 1991 I 993 ff., 1001), mithin einem "beförderlichen Gang des Untersuchungsverfahrens" (so BStrG BK.2005.17 v. 18.11.2005, E. 1.2.). Dass die Beschwerde hinsichtlich Entschädigungsfragen dagegen erst innert 30 Tagen eingereicht werden muss, ist nicht etwa einer vertieften Begründungsdichte geschuldet, sondern vielmehr dem Umstand, dass es auf die Beschleunigung des Verfahrens nach dessen Einstellung gar nicht mehr ankommt (BStrG BK.2005.17 v. 18.11.2005, E. 1.2.). Im Übrigen wird sich der Betroffene nicht mit der von Art. 28 Abs. 3 VStrR genannten "kurzen Begründung" begnügen, sondern so viel ausführen, wie ihm notwendig erscheint, um die Gegenseite - die das Verfahren ja eingestellt hat - von seinem Entschädigungsbegehren zu überzeugen. Dies kann bei ganz klaren Entschädigungsfolgen (offensichtlicher Nachteil nach Einstellung ohne jede schuldhafte Verursachung der Untersuchung) sogar zur Folge haben - und hiermit sind wir wieder beim aktuellen Entscheid - dass auf eine Begründung ganz verzichtet werden kann. Denn auch ein Schweigen kann in Verbindung mit einem gestellten Antrag eine begründete Aussage darstellen. Ob ein solch klarer Fall vorliegend gegeben war, kann mangels weiterer Angaben im Beschluss des Bundesstrafgerichts nicht festgestellt werden.
Wollte man all dies gleichwohl anders sehen, so könnte man sich - nicht ganz ernst gemeint - etwa auch fragen, ob das Entsiegelungsbegehren im Verwaltungsstrafverfahren vertiefter begründet werden muss, als jenes im Strafverfahren nach StPO. Denn nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist Ersteres ja nicht (analog) an die 20-tägige Entsiegelungsfrist des Art. 248 Abs. 2 StPO gebunden (was, das sei nur am Rande bemerkt, den Beschleunigungsgedanken ad absurdum führt), sondern kann auch deutlich später gestellt werden.
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