Beschlagnahme, Entsiegelung und Art. 25 Abs. 3 VStrR
Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hatte sich im Steuerstrafverfahren der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) u.a. gegen Jean-Claude Bastos (Beschwerdeführer und Gesuchsgegner) mit einer Beschwerde gegen eine Beschlagnahmeverfügung und einem Entsiegelungsgesuch zu befassen. Mit separaten Entscheiden vom 5. Dezember 2018 (BV.2018.11; https://bstger.weblaw.ch/pdf/20181205_BV_2018_11.pdf und https://bstger.weblaw.ch/pdf/20181205_BE_2018_11.pdf) wies sie die Beschwerde ab und hiess das Entsiegelungsgesuch der ESTV gut. Beiden Entscheiden lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 9. Mai 2018 eröffnete die ESTV ein Verfahren gegen den Beschwerdeführer und Gesuchgegner, zwei seiner Zuger Quantum-Global-Gesellschaften, deren Verwaltungsratspräsidenten Thomas Ladner sowie gegen KPMG wegen Verdachts der Steuerhinterziehung (Art. 176 DBG), des Steuerbetrugs (Art. 186 DBG), resp. Gehilfenschaft (177 DBG) dazu. Parallel führt die ESTV ein Verfahren gegen Bastos und Ladner wegen Leistungs- und Abgabebetrug (Art. 14 Abs. 2 VstrR). Konkret besteht nach den Ausführungen der Entscheide u.a. der Verdacht, dass die Quantum-Global-Gruppe Kommissionen im Umfang von $ 161 Mio., die sie aus der Verwaltung des angolanischen Staatsfonds generierte, an eine Gesellschaft in Mauritius überwies, u.a. um sie dem Schweizer Fiskus zu entziehen. Weil die Geschäfte aber von der Schweiz aus geleitet worden seien, hätte ein Teil dieser Kommissionen als Gewinn der beiden Zuger Gesellschaften versteuert werden müssen.
Am 16. Mai 2018 führte die ESTV in einer ehemaligen Liegenschaft des Beschwerdeführers und Gesuchgegners eine Hausdurchsuchung durch und beschlagnahmte diverse Dokumente. Die anwesende ehemalige Ehefrau des Beschwerdeführers und Gesuchgegners verlangte noch gleichentags die Siegelung. Mit Beschwerde vom 22. Mai 2018 verlangte der Beschwerdeführer und Gesuchgegner die unverzügliche Herausgabe der beschlagnahmten Dokumente. Mit Gesuch vom 23. Juli 2018 verlangte die ESTV sodann die Entsiegelung der beschlagnahmten Dokumente.
Betreffend die Beschlagnahme hiess die Beschwerdekammer des Bundestrafgerichts in einem ersten Schritt den Antrag der ESTV gut, wonach das mit der Duplik eingereichte Dossier gemäss Art. 25 Abs. 3 VStrR unter Ausschluss des Beschwerdeführers zur Kenntnis zu nehmen sei. Diesen Entscheid begründete die Beschwerdekammer insbesondere mit dem von der Beschwerdegegnerin vorgebrachten steuerlichen Geheimnisschutz (Art. 110 DBG und Art. 37 des Verrechnungssteuergesetzes; VStG) der in diesem Dossier genannten Personen (E. 3.2.). Im Zusammenhang mit der Beschlagnahmeverfügung führte die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts aus, dass die Beschwerdegegnerin den hinreichenden Tatverdacht betreffend die ausgeführten Steuerdelikte (Art. 175-177 und 186 DBG und Art. 14 Abs. 2 VstrR sowie Art. 61 lit. VStG) unter Berücksichtigung des frühen Stadiums in dem sich die Untersuchung befände, genügend dargelegt habe (E. 5.3.). Weiter wies die Beschwerdekammer die Rüge des Beschwerdeführers zurück, wonach die Beschlagnahme unverhältnismässig gewesen sei, weil Dokumente beschlagnahmt worden seien, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem ihr zugrundeliegenden Tatverdacht zusammenhängen. Die Beschwerdekammer führte diesbezüglich aus, dass die ESTV die in Frage stehenden Dokumente beschlagnahmte, um den Verdacht zu konkretisieren, dass der Beschwerdeführer ein komplexes Gesellschaftskonstrukt errichtet habe, um steuerliche Vorteile zu erzielen. Um das Konstrukt und die Rollen der einzelnen Gesellschaften der Gruppe nachvollziehen zu können, habe die ESTV auch Informationen über andere als die beiden verdächtigten Zuger Quantum-Global-Gesellschaften erhältlich machen müssen. Vor dem Hintergrund der Schwere der in Frage stehenden Delikte sei die vorliegende Beschlagnahme auch verhältnismässig (E.7.2.).
Im Entsiegelungsverfahren entschied die Beschwerdekammer, dass die Gesuchstellerin genügend dargelegt habe, dass die versiegelten Dokumente einen potentiellen Nutzen für das vorliegende Steuerstrafverfahren haben und entsprechend i.S.v. Art. 50 Abs. 1 VstrR für das Verfahren von Bedeutung seien. Dabei sei für die Wahrung der Verhältnismässigkeit und der potentiellen Nützlichkeit der Dokumente unbedeutend, dass sich in diesen Dokumenten allenfalls auch Informationen befunden haben, die in keinem Zusammenhang mit den verfahrensrelevanten Tatsachen stehen (E. 7.)
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