Beschwedefristen und Beschlagnahme
Der Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 11. Mai 2021 (BV.2021.11; abrubar unter: http://bstger.weblaw.ch/pdf/20210512_BV_2021_11.pdf) ist in mehrerlei Hinsicht durchaus bemerkenswert.
In einem Betäubungsmittelstrafverfahren wurde bei der Beschwerdeführerin eine Haudruchsuchung vorgenommen, bei welcher u.a. ein Geldspielautomat sichergestellt wurde. In gleichem Zusammenhang beschlagnahmte die zuständige Staatsanwaltschaft Gelder, da aufgrund Drogenkontamination nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese aus dem Handel mit Betäubungsmitteln stammen. Die Beschwerdeführerin wurde von der Kantonspolizei am Tag der Hausdurchsuchung, 9. Mai 2019, eine Mitbeschuldigte wurde am 4. Juli 2019 befragt. Ob dabei auch wegen allfälliger Verstösse gegen das Geldspielgesetz belehrt wurde, ist nicht bekannt. Die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) eröffnete später ein Verwaltungsstrafverfahren und führte eine Konfrontationseinvernahme durch. Die kantonale Staatsanwaltschaft erliess gegen die Beschwerdeführerin im November 2020 einen Übertretungsstrafbefehl, hob die Beschlagnahme der Gelder auf und überwies diese zuhanden der ESBK. Mit Verfügung vom 20. Januar 2021 beschlagnahmte die ESBK diese Gelder.
In ihrer gegen diese Beschlagnahme der Gelder durch die ESBK gerichteten Laienbeschwerde vom 23. Januar 2021 rügt die Beschwerdeführerin zunächst einmal die nur dreitätige Beschwerdefrist. Es ist durchaus wohltuend, dass diese viel zu kurze Frist auch von Nichtjuristen negativ bemerkt und gerügt wird. Umso mehr gilt dies, wenn die Beschwerde von der Bundesverwaltung dann nicht - entgegen Art. 26 Abs. 3 VStrR - innert drei Werktagen an das Bundesstrafgericht weitergeleitet wird, sondern erst nach dreiundzwangzig Tagen (am 15. Februar 2021). Die angeblich gleich langen Spiesse treten selten offener zutage. Das Bundesstrafgericht findet die richtige Antwort und weist die Beschwerdegegnerin darauf hin, "dass sie auch Ordnungsvorschriften zu beachten und einzuhalten hat (s.a. Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2019.29 vom 12. September 2019). Angesicht der dreitägigen Beschwerdefrist gemäss Art. 28 Abs. 3 VStrR, welche die beschwerdeführenden Parteien zu beachten haben, liegt die Einhaltung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Weiterleitungsfrist auch im Sinne der Verfahrensfairness." Man sollte Art. 26 Abs. 3 VStrR indes nicht als blosse Ordnungsvorschrift behandeln (so aber das BGer in 1B_63/2009 v. 01.09.2009, E. 2.3), sondern ebenfalls als gesetzliche Frist, deren Nichteinhaltung zur Aufhebung der Zwangsmassnahme führt. Nur so lassen sich derartige Auswüchse verhindern, das im Verwaltungssrafverfahren in besonderem Masse geltende Beschleunigungsgebot konsequent umsetzen.
Der materielle Beschlagnahmeentscheid bietet darüber hinaus weitere diskussionswürdige Punkte. Durchaus speziell erscheint nämlich, dass die kantonale Staatsanwaltschaft die Beschlagnahme der Gelder aufhob, diese dann der ESBK überwies, wo sie dann ca. zwei Monate später erneut beschlagnahmt wurden. Müssten die Gelder nach Aufhebung der Beschlagnahme nicht an die Beschwedeführerin zurückgegeben werden? Zudem stellt sich die Frage (und erschliesst sich mir nicht), warum Gelder, welche zunächst qua Kontaminierung Drogengelder gewesen sein sollen und als solche mit Beschlag belegt wurden, nun plötzlich als Geldspielerlös zur späteren Einziehung beschlagnahmt werden? Wobei Letzteres vom Bundesstrafgericht mit Aussagen aus dem kantonalen Betäubungsmittelstrafverfahren (jene vom 9. Mai 2019 und vom 4. Juli 2019) gestützt wird (offen: Gab es dort überhaupt eine entsprechende Belehrung?), welche offenbar höher gewichtet werden, als jene Angaben, welche im Verwaltungsstrafverfahren selbst getätigt wurden (an der Konfrontationseinvernahme vom 31.10.2019). Auch ich bin mir nicht sicher, wie die aufgeworfenen Fragen richtig zu beantworten sind. Eines erscheint aber klar: Um hier vorzubeugen, hat der Gesetzgeber Art. 20 Abs. 3 VStrR geschaffen, wonach die Verfahren bei der kantonalen Strafverfolgungsbehörde vereinigt werden können. Es wäre wohl allen Beteiligten zugute gekommen, wenn man dies getan hätte.
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