Beschwerdelegitimation (Art. 28 VStrR) und Siegelung (Art. 50 Abs. 3 VStrR)
Im Beschluss vom 19. Dezember 2018 (BV.2018.24; abrufbar unter: https://bstger.weblaw.ch/pdf/20181219_BV_2018_24.pdf) befasst sich die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts einmal mehr mit der Frage nach der Zulässigkeit von Beschwerden gegen Hausdurchsuchungen. Mangels Beschwerdelegitimation tritt es auf die Beschwerde nicht ein. Für die Beurteilung des mit der mit der Beschwerde formulierten Siegelungsgesuchs erklärt sich die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts für unzuständig.
Dem Entscheid liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Mit Schreiben vom 23. Januar 2018 gelangte A., Mitarbeiter der Klinik Z für Orthopädische Chirurgie, an Swissmedic. Er schilderte, dass bei der Klinik Z. gewisse defekte Bestandteile von Hüftprothesen aufgetreten sind. Vor diesem Hintergrund habe er dazu eine metallurgische Analyse veranlasst und bat Swissmedic um Auskunft, wer für die Übernahme der entsprechenden Kosten zuständig sei.
Anstelle der gewünschten Antwort eröffnete Swissmedic – die gemäss Heilmittelgesetz (HMG) zuständige Strafverfolgungsbehörde – eine Strafuntersuchung wegen Verdachts auf Verletzung von Meldepflichten gemäss Art. 59 Abs. 3 HMG und Art. 15 Abs. 2. und 3 der Medizinprodukteverordnung (MepV). Der Verdacht rührte, so das Schlussprotokoll der Swissmedic, aus dem Schreiben von A. vom 23. Januar 2018, woraus hervorgegangen sei, dass die gemeldete Feststellung defekter Bestandteile von Hüftprothesen nicht erstmalig gewesen war. Da defekte Hüftprothesen Entzündungen mit Folgereaktionen hervorrufen könnten und der Ersatz jeweils eine Operation bedinge, sei ein Defekt zweifellos ein schwerwiegendes Vorkommnis i.S. von Art. 59 Abs. 3 HMG und Art. 15 Abs. 3. Lit. a und b MedV. Weiter kündigte Swissmedic in ihrem Schlussbericht an, die bisher gegen Unbekannt geführte Untersuchung im Sinne von Art. 7 VStrR gegen das Kantonspital auszuweiten.
Mittels Editionsverfügung vom 13. Juni 2018 forderte Swissmedic die Stiftung D, wo die metallurgische Analyse durchgeführt wurde, auf, sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit der durchgeführten Analyse herauszugeben. Infolge Herausgabeverweigerung führte Swissmedic am 8. August 2018 bei der Stiftung eine Hausdurchsuchung durch und beschlagnahmte die sichergestellten Unterlagen. Dagegen erhob A. am 9. August 2018 Beschwerde. Gleichzeitig verlangte A die Siegelung der sichergestellten Dokumente. Auf die Beschwerde resp. das Siegelungsgesuch trat die Beschwerdekammer aus folgenden Gründen nicht ein:
- Eine Beschwerdelegitimation sei nur gegeben, wenn der Beschwerdeführer ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides habe. Dies sei nur dann zu bejahen, wenn der Beschwerdeführer selbst in seinen eigenen Rechten unmittelbar, direkt und - diesbezüglich verweist das Bundesstrafgericht auf Art. 382 Abs. 1 StPO (wohl analog) - aktuell betroffen ist. Der vorliegende Durchsuchungsbefehl betreffe aber die Räumlichkeiten und damit die Rechte der Stiftung und nicht diejenigen von A. Entsprechend sei dieser zur Beschwerde nicht legitimiert.
- Für das Siegelungsverfahren sei die untersuchende Behörde und damit Swissmedic zuständig. An Letztere werde das Siegelungsgesuch denn auch weitergeleitet.
Hinsichtlich des letztgenannten Grundes werden dann wieder - wie das Bundesstrafgericht völlig zurecht aufzeigt - drei Fragen von der Swissmedic zu prüfen sein, nämlich ob das Siegelungsbegehren rechtzeitig erfolgte, ob der Beschwerdeführer zur Stellung eines Siegelungsbegehrens überhaupt legitimiert ist und ob die Begründung des Siegelungsbegehrens für dessen Gültigkeit relevant ist.
Besprechend der Siegelungslegitimation sprechen sehr gute Gründe dafür, dass auch Dritten (und nicht nur dem Inhaber) im Verwaltungsstrafverfahren ein Siegelungsanspruch zukommt. Diesbezüglich sei auf die Urteilsbesprechung in forumpoenale 2016, S. 277 ff. hingewiesen. Offenbar sieht das nun aber auch das Bundesstrafgericht so, denn es verweist hinsichtlich der Beschwerdelegitimation nicht auf seine bisherigen Entscheide, sondern vielmehr auf das einschlägige Urteil des Bundesgerichts („vgl. BGE 140 IV 28 E.4.3.1 - 4.3.8, zu Art. 246 ff. StPO“). Es bleibt also zu hoffen, dass die StPO- und Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich nun endlich deckungsgleich laufen.
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