Hausdurchsuchung im Verwaltungsstrafverfahren
Das Bundesgericht hat sich in 6B_899/2017 (Urteil vom 3. Mai 2018; abrufbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://03-05-2018-6B_899-2017&lang=de&zoom=&type=show_document) mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Vorgehen der Gewerbepolizei, welche im Rahmen einer gezielten Aktion die allgemein zugänglichen Räumlichkeiten einer Bar kontrolliert hatten und daraufhin zwei Geldspielautomaten und einen USB-Stick vorläufig sichergestellt haben, eines Hausdurchsuchungsbefehls bedurft hätte. Die Frage ist im Zusammenhang mit einem Verdacht auf Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über Glücksspiel und Spielbanken («SBG») von besonderer Relevanz, da eine Hausdurchsuchung nach Art. 48 Abs. 3 VStrR nur mittels schriftlichem Befehl des Direktors des Sekretariats der Eidgenössischen Spielbankenkommission («ESBK») erfolgen darf. Eine solche lag indes nicht vor, weshalb sich die Frage nach der Verwertbarkeit der beweisbeschlagnahmten Gegenstände stellte.
Da sich der betreffende Barbetreiber nicht gegen die Durchsuchung bzw. gewerbepolizeiliche Kontrolle zur Wehr gesetzt hat, ging die Vorinstanz von einer Einwilligung des Barbetreibers zur Durchsuchung der Barräumlichkeiten aus, weshalb überhaupt kein Durchsuchungsbefehl notwendig gewesen sei. Vielsagend ist, dass das Bundesgericht auf diese Argumentation gar nicht erst eingetreten ist (E. 1.6.). Es darf zumindest bezweifelt werden, dass sich die Einwilligung zur gewerbepolizeilichen Kontrolle der Barräumlichkeiten auch auf die zielgerichtete «Kontrolle» der Spielautomaten erstreckt.
Im Wesentlichen ging es um die Frage, ob § 18 des kantonalen Gastgewerbegesetzes, wonach den Kontrollorganen «jederzeit Zugang zu allen Betriebsräumen zu gewähren» ist, eine genügende gesetzliche Grundlage bildet, um sich ohne Durchsuchungsbefehl Zutritt zu den Räumlichkeiten einer Bar zu verschaffen, um im Auftrag der ESBK die betreffenden Spielautomaten sicherzustellen. Von der Hausdurchsuchung werden nur all jene Räume erfasst, die Wohn- Geschäfts- oder ähnlichen Zwecken dienen und aufgrund der typischerweise verbundenen Privatsphäre des Betroffenen erhöhte Eingriffsvoraussetzungen gelten (siehe Eicker/Frank/Achermann, Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsstrafverfahrensrecht, 203). Bei einer allgemein zugänglichen Bar handelt es sich nach Auffassung des Bundesgerichts nicht um Räume, die Geschäftszwecken dienen, weshalb der Zutritt in diese Räumlichkeiten keinen Hausdurchsuchungsbefehl voraussetzt (E. 1.7.2.). Für die im Auftrag der ESBK durchgeführte Kontrolle und Sicherstellung bestand somit eine genügende gesetzliche Grundlage in Art. 57 Abs. 1 SBG i.V.m. Art. 46 Abs. 1 VstrR und § 18 des Zürcher Gastgewerbegesetzes.
Anzumerken ist, dass sich die kantonalen Gastgewerbegesetze lediglich auf öffentlich zugängliche Räumlichkeiten beziehen, in welchen ein unbestimmter Personenkreis Zutritt hat (zum Beispiel § 2 der Zürcher Verordnung des Gastgewerbegesetzes). Für die Durchsuchung eines patentbefreiten Vereinslokals bietet das Gastgewerbegesetzt zum Beispiel keine gesetzliche Grundlage. Aus dem gleichen Grund kann das Gastgewerbegesetz nach der hier vertretenen Ansicht auch keine gesetzliche Grundlage für die Durchsuchung eines gegenüber Dritten abgeschlossenen Bereichs einer Bar oder eines Restaurants bilden. Zu denken ist dabei etwa an ein Büro oder sonstige Räume, die in der entsprechenden Lokalität nicht der Allgemeinheit zugänglich sind. Ausserdem bedeutet der Verzicht auf die Erfordernis eines Hausdurchsuchungsbefehls nicht, dass auch auf ein Beschlagnahmebefehl verzichtet werden kann, wenn ohne Hausdurchsuchungsbefehl eine Beweismittelbeschlagnahme erfolgt (vgl. analog Simon Bangerter, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen im Wettbewerbsrecht unter vergleichender Berücksichtigung der StPO, Diss. 2014, 232 f.).
Der Bundesgerichtsentscheid versucht sodann letzte - aber gleichwohl berechtigte - Zweifel am breiten Anwendungsbereich von Art. 56 Abs.1 lit. c SBG aus der Welt zu räumen. Nach dieser Bestimmung wird bestraft, wer Glückspielautomaten ohne vorgängige Prüfung, Konformitätsbewertung oder Zulassung der ESBK aufstellt. Wenngleich Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG im Unterschied zu Art. 56 Abs. 1 lit. a SBG nicht ausdrücklich festhält, dass die Bestimmung «ausserhalb konzessionierter Spielbanken» anwendbar ist, so soll diese Prüfpflicht nach der Ansicht des Bundesgerichts Prüfungspflicht doch für sämtliche Aufsteller eines Geldspielautomates gelten (E. 2.3). Hiergegen sprechen aber einige Argumente. So verkennt das Gericht etwa, dass es die ESBK selber war, die bei Privaten, die Glücksspielautomaten in ihren Räumlichkeiten aufstellten und deren Gebrauch zum Glücksspiel anböten, keine Möglichkeit sah, solches Verhalten durch den Übertretungsstraftatbestand nach Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG zu erfassen, weil diese Bestimmung nur Spielsysteme und Glücksspielautomaten innerhalb konzessionierter Spielbanken erfasse; die Vorführungspflicht könne „nicht zum Gegenstand haben, einen Glücksspielautomaten vorführen zu müssen, der für den Betrieb ausserhalb von konzessionierten Spielbanken verwendet werden soll; denn diese Verwendung sei ohnehin schon gemäss Art. 4 Abs. 1 SBG per se verboten“ (BGer 6B_709/2011 v. 5. Juli 2012, E. 2.4.1).
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