Hausdurchsuchung und Beschlagnahme beim Vorwurf der Zollpfandunterschlagung
Die Durchsuchung im Zürcher Luxushotel Dolder Grand sorgte schweizweit für Aufsehen (vgl. etwa NZZonline v. 8. März 2017, abrufbar unter: https://www.nzz.ch/zuerich/razzia-im-dolder-grand-hotel-ueber-ein-dutzend-kunstwerke-ploetzlich-nicht-mehr-auffindbar-ld.149917). Nun ist der auf entsprechende Beschwerde ergangene Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 3. Juli 2017 publiziert worden (BV.2017.21; abrufbar unter: https://bstger.weblaw.ch/pdf/20170703_BV_2017_21.pdf) - und er vermag nicht zu überzeugen.
Dies aus mehrerlei Gründen. Zunächst richtet sich die Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung als solche. Auf diesen Punkt tritt das Bundesstrafgericht unter Rückgriff auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung mangels aktuellem Rechtsschutzinteresse aber nicht ein, da die Durchsuchung bereits abgeschlossen sei. Auch ein ausnahmeweises Eintreten wird abgelehnt, da die Frage, ob die Anordnung einer verwaltungsstrafrechtlichen Zwangsmassnahme (Art. 48 VStrR, Hausdurchsuchung) zur Vornahme einer verwaltungsrechtlichen Beschlagnahme (Art. 83 ZG, Beschlagnahme zur Geltendmachung des Zollpfandrechts) zulässig ist, nicht von grundsätzlicher Bedeutung sei. Das Gericht verneint dies, weil die Beschlagnahme ja auch auf Art. 46 Abs. 2 Alt. 2 VStrR hätte abgestützt werden können (E. 2.2). Auch wenn Letzteres rechtlich zutreffend ist, so wurde im konkreten Fall doch anders gehandelt und eben keine verwaltungsstrafrechtliche Zwangsmassnahme verfügt (sondern eine verwaltungsrechtliche Beschlagnahme nach Art. 83 ZG). Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage ist vor diesem Hintergrund sehr wohl von grundsätzlicher Bedeutung.
Dabei bleibt es aber nicht. Denn einerseits will das Gericht Art. 46 VStrR Abs. 2 Alt. 2 VStrR zumindest dem Grunde nach zur Anwendung kommen lassen (wie gesehen in E. 2.2), andererseits weist es den zweiten Antrag des Beschwerdeführers ("Aufhebung der Beschlagnahme") ab, da es vorliegend bei der Beschlagnahme nach Art. 83 ZG um eine verwaltungsrechtliche Massnahme handele, für welche das Bundesstrafgericht gar nicht zuständig sei (E. 3.2). Auch dies ist rechtlich zutreffend, allerdings in ganz erheblichem Masse stossend, behandelte das Gericht die Beschlagnahme in E. 2.2 doch als verwaltungsSTRAFrechtliche Zwangsmassnahme (andernfalls sich ebendort die grundsätzliche Frage gestellt hätte, ob die verwaltungsrechtliche Beschlagnahme mittels verwaltungsstrafrechtlicher Hausdurchsuchung durchgesetzt werden kann).
Zuletzt wurde der Oberzolldirektion hinsichtlich der Bilder, die offensichtlich gar nicht nach Art. 83 ZG als Zollpfand sondern nur als Beweismittel beschlagnahmt werden konnten (das waren nur 13 Bilder, es wurden aber wesentlich mehr beschlagnahmt), aufgegeben "eine begründete Verfügung zu erlassen, welche hinreichend deutlich macht, welche der betroffenen Kunstgegenstände warum als Beweismittel in welchem Verwaltungsstrafverfahren beschlagnahmt werden sollen." (E. 3.3 und Ziff. 3 des Dispositivs). Diesbezüglich erklärt sich das Bundesstrafgericht nun für zuständig, da "in der Sache" eine Beweismittelbeschlagnahme nach Art. 46 Abs. 1 lit. a VStrR egangen sei; tatsächlich wurde die Beschlagnahme von der Oberzolldirektion aber auf Art. 212 Abs. 2 ZV abgestützt, weswegen eigentlich das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist. Und dieses hätte wohl keine nachträgliche Begründung zugelassen, sondern die Beschlagmahme aufgehoben. Jedenfalls: ganz ungeachtet der Frage, ob die Oberzolldirektion eine solche nachträgliche Begründung überhaupt liefern kann, stellt das Bundesstrafgericht doch fest, dass die Beschlagnahme konkret ohne entsprechende Begründung und Rechtsmittelbelehrung erfolgte. Die Bilder hätten, deren Beschlagnahme auf Art. 212 Abs. 2 ZV abgestützt wurde, hätten also freigegeben werden müssen.
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