Sicherheitshaft (Art. 82 VStrR i.V.m. Art. 229 ff. StPO)
In einem vielbeachteten Entscheid hob das Bundesgericht am 14. Januar 2022 die vom Bundesstrafgericht bestätigte Untersuchungshaft eines Beschuldigten in einem Geldspielstrafverfahren der ESBK mangels Verhältnismässigkeit auf (BGer 1B_680/2021, abrufbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2F14-01-2022-1B_680-2021&lang=de&type=show_document&zoom=YES&). Die ESBK beantragte daraufhin umgehend Sicherheitshaft gegen den Beschuldigten, welche vom Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Hinwil zunächst bestätigt und dann mit Verfügung vom 3.Mai 2022 bis am 9. August 2022 verlängert wurde. Auf hiergegen gerichtete Beschwerden trat das Bundesstrafgericht nicht ein (eine diesbezügliche Entscheidbesprechung erscheint zeitnah auf diesem Blog), sondern leitete diese zuständigkeitshalber an das Obergericht des Kantons Zürich weiter. Das Obergericht bestätigte die Verlängerung der Sicherheitshaft für den gesamten Zeitrraum. Das Bundesgericht stellte mit Entscheid vom 12. August 2022 (1B_386/2022, abrufbar unter: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://12-08-2022-1B_386-2022&lang=de&zoom=&type=show_document) nun fest, dass dass die dem Beschwerdeführer auferlegte Sicherheitshaft vom 2. August 2022 bis zum 9. August 2022 rechtswidrig war. Dies mit der zutreffenden Begründungn (E. 6.3):
"In Übereinstimmung mit der erwähnten Rechtsprechung hätte die bis zum 1. Mai 2022 angeordnete Sicherheitshaft längstens bis zum 1. August 2022 verlängert werden dürfen, sofern kein Ausnahmefall gegeben ist. Vorliegend ordnete das Zwangsmassnahmengericht eine Verlängerung um drei Monate und acht Tage, d.h. bis zum 9. August 2022, an. Als Begründung für die Überschreitung der gesetzlichen Dreimonatsfrist führte es einzig die (erst) auf den 9. August 2022 angesetzte Hauptverhandlung an. Dieser Umstand allein rechtfertigt indes, wie der Beschwerdeführer mit Recht vorbringt, die Überschreitung der ordentlichen Höchstdauer der Sicherheitshaft von drei Monaten nicht (vgl. BGE 146 IV 279 E. 2.4). Dies gilt umso mehr, als die kantonalen Behörden auch nicht aufgezeigt haben, dass es ihnen aus besonderen, näher darzulegenden Gründen nicht möglich gewesen wäre, die Hauptverhandlung innerhalb der gesetzlichen Dreimonatsfrist anzusetzen. Auch aus den Akten gehen keine solchen Gründe hervor. Die Beschwerde erweist sich folglich insoweit als begründet und es ist festzustellen, dass die Verlängerung der Sicherheitshaft über die Dreimonatsfrist hinaus, d.h. vom 2. August 2022 bis zum 9. August 2022, rechtswidrig war."
Ein schwachter Trost für den Betroffenen, der die rechtswidrige Haftzeit gleichwohl überstehen musste, da das Bundesgericht erst nach Ablauf der Sicherheitshaft entschied.
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